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erstellt von: Merlin (02.08.2010, 12:56:02)
Nein, es ist keine Märchenstunde!!!
Scher- und Druckstabile Leichtlauföle, die noch dazu ihre Viskositätsklasse über einen längeren Zeitraum unter hohen Temperaturen einhalten können, sind ausnahmslos Synthetiköle!!!
Zuhause habe, zu mindestens ich, so einen kleinen Kasten, da ist das Internet drin, dort kann man bei einer Suchmaschine Namens Google nachschauen, dann kommt man sehr schnell auf ein Wikipedia über Motoröle, und da kannst Du Dir dann Deine Meinung erneuern, und über meine Märchenstunde, wenn Du dann nachgelesen hast, kannst Du dann ja mal nachdenken. Unter "Scherstabile Öle" stehen übrigens auch ganz interessante Einzelheiten wie sich die Viskosität im Motor nach kurzer Zeit verändert und was die Öl-Hersteller dagegen unternommen haben. Ich nehme die Poente mal vorweg, das Zauberwort heißt auch hier: Vollsynthetische Öle! Aber lies mal selbst!
Unabhängig davon fahre ich in allen Benzinmotoren seit über 20 Jahren ( ist das schon so lange? Ich meine 1990 die S-Klasse mit dem Öl gefahren zu haben.) Shell Helix Ultra in der Viskositätsklasse 0W-40. Selbst Motoren oberhalb der 90er Jahre vertragen diese Öle sehr gut.
Ältere Motoren brauchen, bedingt durch die höhere Rauhtiefe der Bauteile, damals durch Werkstoffe und Bearbeitungstechniken nicht anders möglich, andere Öle!
In meiner BMW R 100 RT aus den Siebziger Jahren fahre ich z.B. heute noch ein Einbereichsöl der Klasse SAE 40! Ein Leichtlauföl der Klasse SAE 0W-40 wäre schlichtweg überfordert die großen Spalte im Motor aufzufüllen!
Während diese Einbereichsöl in den heutigen Motoren von Audi, Mercedes oder BMW wegen der geringen Spalte, zum Beispiel beim Kaltstart überhaupt nicht an die Schmierstellen gelangen würde und es dadurch über kurz oder lang zu kapitalen Schäden im Motor kommen würde!
Unsere Sechszylinder Goldwings stammen, vom Konzept her, aus den späten Achtzigern, wobei es sich hier um die Weiterentwicklung der Vierzylinder aus den Siebzigern handelt.
Zu dieser Zeit war das mit der Schmierstofftechnologie noch nicht so weit her, so das ein anderer Weg beschritten werden mußte: Die Konstrukteure konnten nicht wild entwickeln und dann der Schmierstoffindustrie sagen, ich brauche, es ging anders herum, es gab einen Schmierstoff und danach wurde das Antriebsaggregat konstruiert!
Bei diesem Konzept der Goldwing wurde ein Schmierstoff gebraucht, den es theoretisch nicht geben kann: Er muß an den Zylinderlaufbuchsen sehr Scherstabil sein, an den Zahnflanken des Getriebes muß der Schmierstoff dagegen sehr Druckstabil sein, was er in der Kupplung aber auf gar keinen Fall sein darf, damit die Kupplung nicht nur rutscht, sondern auch "zupackt"!
???
Wir stellen uns das jetzt mal ganz Laienhaft vor, was ich wo gebrauche:
Im Getriebe brauche ich Etwas, was sehr Druckstabil ist. Was recht Druckstabiles ist Fett! Wenn ich mir jetzt auf den Zahnflanken Fett vorstelle, dann ist klar, dieses "Zeug" geht nicht zwischen den beiden Metallteilen weg, egal wie hoch der Druck auch wird, da bleibt immer eine Fettschicht zwischen den Teilen!
Aber das Gleiche passiert bei der Kupplung, egal wie hoch die Feder auch zudrückt, immer ist noch ein Fettfilm zwischen den beiden Kupplungsteilen und die Kupplung rutscht, und rutscht, und rutscht...
Was passiert denn nun mit dem Fett auf der Zylinderlaufbahn? Das würde genauso wie bei der Kupplung funktionieren, daß der Kolben immer auf dem Fett hin und her gleitet, wenn, ja wenn da nicht die Kolbenringe wären! Die sollen ja verhindern, daß die Verbrennungsgase an dem Kolben vorbei ungenutzt entweichen. Diese vom ewigen hin- und her an den Zylinderwänden scharfkantig geschliffenen Teile, würden den Fettfilm einfach "abkratzen" (scheren) und beim nächsten Hub würde der Kolben über die "nackte" Zylinderlaufbahn rutschen und, da Metall auf Metall, eben fressen!
Hier brauchen wir ein Öl, das eine hohe Affinität hat, und sofort wieder zwischen den Metallteilen ist, nachdem der Kolbenring es beim Abwärtshub weggekratzt hat, wenn der Kolben wieder aufwärts geht!
Diese Eigenschaft ist auch bei der Kupplung wichtig, damit die "Gepackte" Kupplung auch wieder löst. Genauso wichtig ist das Herausspülen von Abrieb und Kühlung der Kupplung.
Also werden eigentlich drei verschiedene Öle gebraucht.
Als Konstrukteur kann ich natürlich jetzt auch etwas machen: Habe ich nur ein Öl mit geringer Druckstabilität, dann mache ich einfach meine Zahnflanken breiter, dann habe ich pro Quadratmillimeter natürlich eine geringere Kraft und somit braucht das Öl auch nicht mehr so druckstabil zu sein!
Also fassen wir zusammen, das Motorrad "Goldwing" stammt von der Grundkonzeption her aus den frühen Achtzigern und sollte Weltweit keine Probleme bereiten, daher hat man es für damalige Schmierstoffe entwickelt! Und damit läuft es ordnungsgemäß und lange!
Wenn wir jetzt hochmoderne Druck- und Scherstabile vollsynthetische Leichtlauföle verwenden, so mag das an einigen Stellen besser sein, an anderen Stellen führt es aber geradezu zu einer Umkehrung, siehe Kupplung, wo das Druckstabile Öl einfach nicht zwischen den Belägen weg will und die Kupplung am "Rutschen" hält, was natürlich zu exorbitantem Verschleiß, und eben dadurch bedingten Ausfall der Kupplung führt!
Auch ich habe am Anfang den Fehler gemacht und mein schönes Helix Ultra 0W-40 eingefüllt! (Nichts ist teuer genug für meinen Liebling!!!)
Als Technik-Freak bekam ich von dem dann entstehenden Getriebegeräuschen starke Zahnschmerzen, bevor mein Getriebe diese bekam!
Das Öl ist Druckstabiler als normales Öl, aber es kann die Spaltmaße nicht auffüllen, dadurch passen die Evolventen nicht mehr aufeinander, weil sich ja nun der Abstand durch den zwar Druckstabileren, aber eben dünneren Schmierfilm geändert hat. Im Klartext heißt das, die Zahnflanken im Getriebe wälzen sich nicht mehr so aufeinander ab, wie der Konstrukteur das vorgesehen hat, sondern es "kantet" beim Abwälzen, hörbar eben durch das "Getriebesingen"!
Jeder der sich mit der Zahnflankenspieleinstellung bei Hypoidgetrieben (Differentiale, Kardanantrieb) auskennt, weiß wovon ich spreche, stimmt das Spiel nicht, gibt´s erst Geräusche, danach ein kaputtes Getriebe!
Da ich sofort nach ca. 150 km das Öl wieder abgelassen und durch "dickeres" ersetzt habe und ich die Maschine ja für mich ungewohnt und neu war, habe ich natürlich auch kein Vollgas gegeben, das hat mir die Kupplung gerettet!
Als ich dann im Forum die Hintergründe las, habe ich sofort einen zweiten Ölwechsel zur Spülung gemacht. Dieses Thema ist doch schon so oft hier "durchgekaut" worden, daß das immer noch ein Thema ist, verstehe ich nicht, es ist doch so etwas von klar, was unsere Goldwings brauchen!
Gruß
Michael
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