Seit ich 1977 das erste Mal die Honda GL 1000 gefahren bin, hat mich die Maschine fasziniert. Der Honda-Händler Kraft in Leutkirch im Allgäu hatte mir die Maschine für ein paar Tage zur Probefahrt ausgeliehen. Wahrscheinlich zu meinem Glück musste ich erkennen, dass sie mit ihrer bekanntlich sehr eklatanten Fahrwerksschwäche nicht zu meinem jugendlichen Fahrstil im Allgäu passte. Seither bin ich eine Vielzahl anderer Modelle gefahren, seit den 90er-Jahren i.d.R. Sporttourer und Supersportler: zumeist BMW (diverse K-Modelle und GSe) und Honda Fireblade, seit 2010 zusätzlich mehrere Honda VFR 1200 hintereinander. Mit dem Erscheinen der SC 79 und diversen Probefahrten, danke insbesondere an MCA in Altendiez, wuchs meine Begeisterung, so dass ich mir im Herbst 2022 eine neue bei MCA bestellt habe. Sie ist in meinem Fuhrpark nun eine noch bessere Nachfolgerin zu einer stark getunten VFR 1200 DCT (u.a. komplettes Öhlins-Fahrwerk und Motortuning von Kainzinger). Abgesehen von der völlig praxisfremden Form der Seitenkoffer der SC79 lautet meine Zusammenfassung anlässlich der 1.000km Erstinspektion: ein fantastischer Sporttourer der Spitzenklasse.

Was habe ich gemacht?
Entscheidenden Anteil an meiner Begeisterung für meine neue Goldwing hat der Geschäftsführer von MCA in Altendiez, Herr Stefan Schmidt. Er hat sich beim Kauf meiner neuen Goldwing mal wieder für meine Sonderwünsche sehr eingesetzt und für eine schnelle Lieferung gesorgt. Ohne ihn wäre auch mein wichtigster Wunsch nicht Erfüllung gegangen, statt des weichen Serienfahrwerks ein sportliches Wilbers-Fahrwerk einzubauen. Dies ist ein neues Produkt bei Wilbers (kein WESA, sondern ganz konventionell und ohne Elektronik) und macht aus der neuen Goldwing B zusammen mit einer Höherlegung um 2 cm ein sehr kurvengängiges, schon fast sportives Gerät. Das Fahrwerk wurde speziell auf mein Gewicht und meine Fahrweise ausgelegt. Ich bin davon sehr begeistert! Schon bei meinem vorherigen Kauf einer CRF300 Rally hat sich Stefan Schmidt in gleicher Weise "ins Zeug gelegt", u.a. ebenfalls mit einem genauso phantastischen Wilbers-Fahrwerk, was in 2021 auch ein neues Wilbers-Produkt war. Im Vergleich zum Öhlins-Fahrwerk meiner früheren VFR 1200 ist das Wilbers-Fahrwerk mindestens gleichwertig, wobei Öhlins für die SC79 nichts im Programm hat.

Interessant fand ich, dass das Fahrwerk ca. 100km zum Einfahren gebraucht hat; die ersten Kilometer hat es sich etwas steif angefühlt, danach aber war es einfach nur perfekt, und zwar bei jeder Geschwindigkeit und Fahrweise! Allerdings, und das wollte ich ja, das Motorrad ist keine Sänfte mehr, wenn auch nicht unkomfortabel, im Gegenteil, sondern durchaus ein Sportgerät, wenn man es möchte, mithin ein Sporttourer im besten Sinne.

Darüber hinaus habe ich über Herbst und Winter in verschiedenen deutschen und amerikanischen Foren eine Vielzahl von Verbesserungspotentialen und Zubehörteilen gesichtet und mich für folgende Maßnahmen entschieden bzw. diese unmittelbar nach Auslieferung meiner Goldwing eingebaut (zur Unterstützung habe ich mir das Werkstatthandbuch für die SC 79 besorgt; vielen Dank auch an Garry Oldwing Andreas für die Tipps in Deinen tollen Videos!):

1. Motorschutzplatte von Traxxion Dynamics
2. Seitenständerverbreiterung von Traxxion Dynamics
3. Ölprüferverlängerung von Traxxion Dynamics
4. Kotflügelverlängerung aus dem Wolfs-Goldwing-Shop.com
5. Heckfender Fill Plates von goldwing.de
6. Transporthaken für Rahmen Motor & Rahmen von goldwing.de
7. KÜRYAKYN 6779* OMNI-LINE TIE-OWN BRACKET Transporthalter
8. Akustische Handbremserinnerung, wie hier beschrieben: https://youtu.be/ElnAE-UlG80
9. LiFePo-Batterie Aliant YLP24 mit Schnellverbinder von JAMparts; diese Batterien nutze ich seit vielen Jahren in all meinen Motorrädern zu meiner höchsten Zufriedenheit (wichtig: Ich fahre auch im Winter bei bislang maximal minus 8 Grad und sie haben auch nach einer Nacht draußen immer zuverlässig Strom geliefert)
10. Handy-Halterung von Ram-Mount an der linken Lenkerseite, zusammen mit einer selbstgebauten kabellosen Stromversorgung direkt vom Batteriestrom (via KOSO USB CHARGER 2.0A) von mount-shop.de
11. Fahrerrücksitzlehne von Craftride via Motea.com. Die Montage war mangels Anleitung (weder physisch dabei noch auf der Seite von Motea verfügbar) selbst für einen geübten Bastler eine arge Fummelei, das Ergebnis ist aber zufriedenstellend. Bestimmt wäre die Passform beim OEM-Produkt deutlich besser.
12. Klick-Befestigungsriemen für meine Sandstorm-Tankrucksack von Enduristan und meine Hecktasche von Touratech (hergestellt ebenfalls von Enduristan), die ich auf allen meinen Motorrädern nutze (den Tankrucksack u.a. für meine Trinkblase und den üblichen Krims-Kram).
13. Innerer Kunststoffstutzen in der Tanköffnung entfernt, damit das Tanken „normal“ schnell und ohne Spritzerei verläuft; zusätzlich den Tankdeckel mit einer Sicherungsschnur gegen Verlieren gesichert, wie beides hier beschrieben: https://youtu.be/mPM-HyUqSuE
14. Reifendruckkontrollaufsätze für beide Ventile von Michelin (von polo.de), da ich die Reichweitenangabe im Display ggü. der Angabe des Luftdrucks vorziehe und mit dem Michelin RDKS nun beides habe.
15. Erste Hilfe Paket (bzw. den genormten Inhalt eines solchen) in das Fach vor der Tanköffnung gepackt (passt gerade so rein) und einen Hinweis darauf auf die Klappe geklebt. Der Motorola-Adapter für den Anschluss des Smartphones via Bluetooth für Android-Auto passt dann immer noch rein.
16. Die serienmäßigen Dunlop-Reifen habe ich durch Metzeler Cruisetec ersetzt. Ein sehr großer Unterschied, zumal dann, wenn ich das bessere Fahrwerk auch ausnutzen möchte. Mit den Metzeler Cruisetec ist das Abwinkeln bis zum Anschlag trotz 2-cm-Höherlegung und dem Entfernen der „Angstnippel“ unter den Fußrasten jederzeit sicher möglich. Nur links streift dann die Kante der Seitenständerverbreiterung, was sich aber gibt…
Noch zu machen:
17. Aufpolsterung der Fahrersitzbank um 6 cm (nach Probefahrten mit unterschiedlichen Höhen) durch die Sattlerei seats-and-more.de

Mit dem Ergebnis bin ich außerordentlich zufrieden. Sowohl beim Cruisen entlang Rhein und Mosel als auch beim zügigen Durchfahren von spitzen Serpentinenkurven beidseits von Rhein und Mosel auf die Höhen oder auf schlechten, viertklassigen Sträßchen im hinteren Hunsrück oder in den Ardennen fühle ich mich auf meiner Goldwing äußerst wohl und sicher. Das DCT ist im Vergleich mit dem der CRF 1100 Africa Twin gefühlt nochmals sanfter und reagiert zugleich schneller. Wenn es sein muss, kann man ganz schnell manuell zwei Gänge zurückschalten und hat auf einmal eine Sportmaschine unter sich. Mit dem zusätzlich montierten Motorschutz brauche ich mir auch keine Sorgen machen, wenn ich hin und wieder über kurze Schotterstrecken komme, die mit der Goldwing auch gut machbar sind. Nur mit den Reifen gilt das gleiche wie mit jedem Motorrad: Straßenreifen haben eine sehr begrenzte Haftung abseits der Straße und Enduroreifen gibt es für die Goldwing nicht -:)

Als nächstes geplant ist Mitte Juni eine mehrtägige Vogesentour (1.600 km).

Das verstehe ich nicht so ganz...

Die Goldwing hat ja extra eine Luftdrucküberwachung an beiden Reifen - sobald sich der Luftdruck eines best. geringerem Wert nähert, wirst Du doch von einer Kontrolllampe automatisch gewarnt und die Anzeige springt auf den Luftdruckwert um.
Wozu dann die zusätzlichen Reifendruckkontrollaufsätze?

Noch ein Tipp bezgl. tanken:

Es kam wohl schon vor, dass sich die seitliche elektr. zu öffnende Klappe nicht mehr öffnen ließ, und damit auch der Tankverschluss nicht mehr zu öffnen war - sehr unangenehm, wenn man gerade auf Tour unterwegs ist.
Ich habe den Verschlusshaken im Tankdeckel verdreht und die Tankklappe mit kleinen Magneten gesichert. Dadurch bin ich unabhängig von der seitlichen Klappe und bekomme die Tankklappe garantiert immer auf.

Ansonsten wünsche ich Dir viel Spaß mit Deiner "getunten" Goldwing....

Danke für die positiven Kommentare.

@ Joe: Es gibt zwei Gründe für meine Vorgehensweise bzgl. RDKS: (1) Das serienmäßige System meldet sich bei Abweichungen, die möglicherweise größer sind, als es mir lieb wäre, nachdem ich festgestellt habe, dass selbst bei 0,5 Bar Abweichung keine Meldung kam. Ich möchte es gerne etwas präziser. (2) Weil ich es präziser und keine Überraschungen haben möchte, ziehe ich eine permanente Anzeige von Ist-Werten vor. Im Display kann ich aber nur wählen zwischen „Range“ und Luftdruckangabe. Mit dem System von Michelin habe ich die Angabe der Ist-Werte dauerhaft im Blickfeld.
Bzgl. Tankdeckel danke ich Dir für den Hinweis. Ich habe die Empfehlung von Traxxion Dynamics umgesetzt mit einem kleinen Loch im seitlichen Deckel mit einem Stopfen, um bei Bedarf z.B. mit einem Stift von außen den Tankdeckelöffnungsknopf drücken zu können. Deine Lösung ist viel eleganter. Einen Magneten hätte ich noch.

@ Olli: Mit der Bemerkung zum Attribut „Sport“ hast Du natürlich grundsätzlich recht. Auf der anderen Seite ist es auch eine Frage der Definition. Mir ging es an der Stelle nicht darum, die Geeignetheit der Goldwing für eine GP-Strecke oder den Nürburgring zu behaupten, sondern darum, dass ich im Alltagseinsatz auch auf kleinen gewundenen Strecken oder Alpenserpentinen durchaus im sportlichen Stil mithalten kann. Die Goldwing mit dem Wilbersfahrwerk, so wie ich es im Vergleich mit meiner früheren VFR 1200 mit Öhlinsfahrwerk oder meiner aktuellen CRF 1100 ATAS ES DCT empfinde, fällt dabei trotz Gewichtsnachteil keineswegs zurück. Und das ist m.E. sehr cool!

Hallo Markus,

Könntest du bitte deine Wilbers Fahrwerkskomponenten mal angeben mit Artikelnummer?

Auf Wilbers Webseite steht nur das WESA Fahrwerk.
https://www.wilbers.de/en/products/new-developments/moresorted-manufacturer/cat_278/cat_585/wilbers-fahrwerks-fuer-die-honda-gl1800-goldwing-sc79-2018.html

Du hast ja ohne WESA verbaut?
Wilbers gibt 12 Stunden (!) Einbauzeit an?

Danke und Gruss