Hallo Werner,
das kann man nicht so verallgemeinern, manche schwören auf den Reifen X und Andere verfluchen ihn.
Das liegt zum Beispiel sehr viel am Profil.
Dann kommt es sehr auf die Belastung und den dementsprechenden Luftdruck an.
Und ein wesentlicher Punkt ist die Härte des Gummis, die nicht nur von Charge zu Charge unterschiedlich sein kann, sondern auch durch die Lagerung beim Händler respektive Großhändler sehr beeinflußt wird.
Wenn wir uns mal vorstellen, was hat ein Motorradreifen denn eigentlich für eine geometrische Form?
Klar ein Motorradreifen ist im Gegensatz zu einem Autoreifen rund.
Ich meine jetzt nicht, daß ein Reifen grundsätzlich rund ist

, sondern ich meine den Querschnitt in Rollrichtung gesehen.
Ein PKW-Reifen besteht, wenn ich den also in Scheiben abhobeln würde, aus vielen dünnen Reifen, die aber alle den gleichen Durchmesser haben.
Würde ich diese dünnen Scheiben nebeneinander nun auf eine Achse stecken, so würden sich alle gleich schnell drehen, weil sie alle den gleichen Umfang haben.
Klar!
Aber was passierte denn beim Motorradreifen?
Jede dünne Scheibe hat einen anderen Durchmesser, somit einen anderen Umfang und damit würden sie sich als lose Scheiben, alle unterschiedlich schnell drehen!
So weit klar, aber was passiert denn nun, wenn ich die Scheiben zu einem Reifen zusammen klebe?
Wäre der Reifen jetzt starr wie Eisen und ließe sich nicht zusammendrücken, so wäre die Sache klar, immer der PUNKT der die Straße berührt bestimmt die Drehzahl mit seinem Durchmesser, bzw. Abrollumfang!
Aber unser Reifen ist weich und soll sich zusammendrücken, damit eine größere Aufstandsfläche den Kontakt zur Straße darstellt.
Und jetzt passiert etwas ganz Merkwürdiges! Um das besser zu erklären, muß ich ein wenig abschweifen:
Ein LKW-Besitzer hat nach der Hälfte der Laufzeit eines Hinterradzwilligsreifen einen Reifen kaputt. Auf dem Reservereifen ist ein abgefahrener Reifen.
Was tut er am sinnvollsten?
Einen neuen Reifen kaufen und den auf die Stelle des Kaputten montieren, weil auf dem Anderen ist ja noch mehr als die Hälfte Profil drauf.
Oder läßt er auf den Kaputten und den Reservereifen Neue aufziehen und tut den, mit dem halben Profil in die Ersatzradhalterung?
OK, die Fragestellung ist so provozierend, daß klar ist, 2 ist richtig, aber warum?
Die beiden Reifen sind fest miteinander verbunden, dadurch absolut gleiche Drehzahl, der Neue ist aber durch mehr Profil größer, also rollt er bei jeder Umdrehung ein Stückchen weiter. Das geht nicht, also MUSS einer von den beiden Reifen rutschen! Aber welcher? Na logisch, der Kleinere, weil der von Beiden nicht mit soviel Gewicht belastet wird.
Klar? Wenn der LKW-Besitzer den LKW mit zwei unterschiedlichen Durchmessern auf einem Zwilling laufen ließ, so würde der schon gefahrene Reifen sich in "Nullkommanichts" abrubbeln. So fährt man nur auf dem Balkan!
Aber bei unseren Motorradreifen haben wir das gleiche Problem: Zu hart aufgepumpt, fährt sich nur die Mitte ab, zu wenig Druck "wäscht" sich die Seite ab und führt zu Schimmy.
???
Innen ist der größere Umfang und da steht der Reifen mit seinem Gewicht drauf, die Außenseiten haben wesentlich weniger Anpressdruck und "Rubbeln" sich das Gummi weg!
Je weniger Druck, um so breiter liegt der Reifen auf, um so größer sind die Laufunterschiede der einzelnen "Scheiben"!!!
Also, je mehr Luftdruck, um so weniger Shimmy, aber irgendwann kommt der Punkt, wo nur noch die Innenspur abgefahren wird und der Reifen "Eckig" wird!!!
Wie sagte ich doch eingangs? Man kann das nicht verallgemeinern!
Jemand der mit relativ wenig Luftdruck fährt, diesen Druck erst nach Kilometern Fahrt zur Tankstelle einstellt und einen ganz neuen, also sehr weichen Reifen hat, bekommt mit Sicherheit andere Probleme, als jemand der Zuhause den Druck prüft, ihn lieber etwas höher einstellt und einen Reifen bekommt, der schon unter ungünstigen Bedingungen gealtert ist, also wesentlich härter ist.
Zwischen diesen Beiden, zugegeben an den Haaren herbeigeholten Extremen, liegt die ganze Facette von Möglichkeiten, warum manche auf diesen und andere auf andere Reifen schwören.
Ich wollte jetzt nicht verunsichern, sondern aufzeigen, der Reifentyp "Motorradreifen" ist ein sehr anspruchsvoller Zeitgenosse, weil er rund ist, wenn dem nun nicht viel Beachtung geschenkt wird und mit zu geringem Druck gefahren wird, weil man mehr Komfort haben will, oder nach 2 - 3 km Fahrt erst an der Tankstelle den Druck für Kaltreifen eingestellt, obwohl er schon warm ist, wird mit Sicherheit mehr Probleme bekommen!
Was redet der da jetzt für´n Stuß?
Macht doch mal den Test, Luftdruck im Sommer morgens in der Garage prüfen (ca. 20°C), Mittags in der prallen Sonne ein paar Kilometer zur Tankstelle fahren und wieder prüfen, ich halte jede Wette, da sind durch Geisterhand 0,5 bar auf einmal mehr drauf!
Jetzt wissen wir aber alle, die Reifentemperatur hat stark mit dem Luftdruck im Reifen zu tun.
Nehmen wir jetzt dort den "Kaltreifendruck", so wird bei der anschließenden Fahrt das Gummi zu heiß, das bedeutet erhöhten Abrieb!
Woher ich das weiß?
Kostet genau 200 Euro und heißt TireWatch!
Dort wird einem schwindelig, wenn man sieht, nach welcher kurzen Strecke sich speziell die Goldwingreifen, und vor allem der vom Auspuff flankierte Hinterreifen in seinem Gehäuse, sich aufheizen und den Druck erhöhen!!! Wenn ich den jetzt durch Unkenntnis wieder ablasse... Prost Mahlzeit!
Habe ich von Alledem keine Ahnung und vertraue auf die Vorgaben in der Bedienungsanleitung, dann können schon mal solche Aussagen kommen wie, der Reifen taugt gar nichts und der Nächste berücksichtigt ein paar Punkte und kommt zu dem Schluß, Reifen sind super, lange Laufleistung, gutes Handling, etc.!
Reifen am Motorrad sind ein sehr komplexes Thema und eigentlich nicht mit ein paar Worten abhandelbar, aber ich wollte für dieses immer wieder auftauchende Thema eigentlich nur aufzeigen, die Parameter liegen durch die verschiedenen Leute, ihre Fahrgewohnheiten und ihre Einstellgewohnheiten an den Reifen, so weit auseinander, da kann man keine "Grundsätzlichen Aussagen" treffen!
Wichtig ist immer ausreichender Luftdruck, gerade die "Nicht Heizerfraktion" sollte ein paar Zehntel mehr fahren, aber das ist schon wieder meine persönliche Meinung und von keinem Professor gegengezeichnet.
Gruß
Michael